San Marino – Republik in der Republik
San Marino ist ein Zwergenstaat, 61 km² groß, 27.000 Einwohner stark und ein Geschenk in der Qualifikation zu großen Fußballturnieren. Die Republik liegt zwischen Marken und Emilia Romagna, ohne direkten Zugang zum Meer, aber mit Blick auf die Adria und ist ein uraltes Gebilde, das die letzten 1.700 Jahre inmitten von einfallenden Mächten, aufblühenden Seerepubliken, Revolutionen, Glaubenskriegen und Königreichen erstaunlicherweise überstanden hat.
San Marino soll von einem dalmatinischen Steinmetz gegründet worden sein, Marino hieß der und war die Christenverfolgung durch Kaiser Diokletian leid. Also stieg er auf den Berg Titano, 738 Meter Hoch, mit einigen steilen Hängen und weil Marino ein feiner Kerl gewesen sein muss, geriet er dort nicht in Vergessenheit, sondern zog viele Menschen nach, die auf dem Titano ihre eigene christliche Enklave gründeten, die auch noch bestand hatte, als man kurz darauf eigentlich nicht mehr von einer Enklave sprechen konnte.
Marino wurde Bischof im nahegelegenen Rimini und bekam von einer reichen Konvertitin den Titano geschenkt. Die Bürger von San Marino errichteten hervorragende Befestigungsanlagen, wurden in ihrem nicht gerade sicheren Rechtstatus nur wenige Male nach Marinos Tod schriftlich erwähnt und Schufen eigene Gesetzeswerke. Der Ministaat funktionierte derart gut, dass um das Jahr 1200 Ländereien um den Berg herum zugekauft werden mussten.
Man schuf in San Marino eine republikanische Ordnung, war ab dem 14. Jahrhundert als unabhängig anerkannt und das ganze wurde vom Papst einige Jahrzehnte auch abgesegnet. San Marino war immer wieder von eigentlich viel zu großen Mächten bedroht, aber irgendwie schafften es die Bürger, sich zu behaupten. Als Cesare Borgia in San Marino einfiel, beteiligte man sich an erfolgreichen Aufständen gegen ihn – in Urbino. Überschritten christliche Truppen die Grenzen, beschwerte man sich schon mal erfolgreich beim Papst, der etwas übereifrig ordnenden Hand Napoleon Bonapartes schwatzte man Handelsabkommen mit den von ihm gegründeten Republiken ab und Giuseppe Garibaldi, der große Vereiniger Italiens, hatte man nach den Revolutionen in der Mitte des 19. Jahrhunderts Exil und Schutz gewährt, vor der Vereinigung Italiens die Staatsbürgerschaft San Marinos vermacht – der Mann war befangen.
Heute ist San Marino vor allen Dingen ein Ziel für Tagesausflügler. Von der Adria ziehen an sommerlichen Regentagen unzählige Brathähnchen die Hänge des Titano hinauf, es gibt Shuttlebusse von Rimini aus, Hubschrauberrundflüge und immerhin die drei großen Festungen zu besichtigen. Das ist an einigen Stellen mitunter ein wenig zuviel, wer sich die Zeit nehmen kann, sollte versuchen, San Marino zu durchwandern, wenn die Masse der Touristen ein paar hundert Meter weiter unten am Büffet steht. Es gibt viel zu entdecken.