Strandurlaub an den italienischen Küsten
Es ist eine alte Faustregel für Italienurlauber: wer sich für Strandurlaub in Italien entscheidet, der entscheidet sich entweder für die großen breiten Strände an der Adria im Osten oder für die etwas kürzeren Strandabschnitte mit dem großen Kulturprogramm im Hinterland am Mittelmeer. Je weiter der Urlauber die jeweilige Küste hinab fährt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er „gute“ Strände findet, das heißt aus der Sicht deutscher Urlauber meist, dass möglichst wenige andere Deutsche dort sind, dass möglichst wenige Italiener dort sind und dass ihnen keiner eine Liege mit Sonnenschirm andrehen will.
Mag sein, dass die Faustregel irgendwann mal sinnvoll gewesen ist, sicher ist, dass sie einige Schönheitsfehler hat. Schon immer hatte Sardinien die schönsten Sandstrände Italiens, ohnehin spielen viele italienische Inseln, auch die Äolischen Inseln beispielsweise, in einer ganz eigenen Liga, die Regel übergeht, dass es um die Ballungsräume Neapel und Rom etliche sehr beliebte Strandkilometer gibt – und traditionsreiche, wunderschöne Urlaubsregionen wie die Amalfiküste. Außerdem ist auch die Ostküste des Südens inzwischen touristisch sehr gut erschlossen.
Es spricht nichts dagegen, die großen, berühmten Strandabschnitte der Adria zu wählen, wenn der Urlaub doch primär daraus bestehen soll, Sonne zu tanken, eine Salzkruste anzusetzen und die Abende auf einer guten Party ausklingen zu lassen. Die Strände um Rimini, Jesolo bei Venedig, Bibione und Riccione haben längst den spröden Charme vergangener Jahrzehnte abgelegt, es gibt alle Erholungsangebote, die man sich nur vorstellen kann und der infrage kommende Küstenabschnitt beginnt im Grunde in Triest, der autonomen italienischen Region Friaul-Julisch Venetien, führt über Venetien, Emilia-Romagna und hört nicht in den Marken auf.
Hier reihen sich Erholungsorte an Partyhochburgen, Spaßparks an idyllische Dörfchen und auch wenn noch heute die Tourismusintensität Richtung Süden nachlässt, um Ancona die Wahrscheinlichkeit, ein einsames Fleckchen zu finden, steigt, kann man nicht ernsthaft eine pauschale Empfehlung für eine Himmelsrichtung abgeben. Kalabrien, die Stiefelspitze, und Sizilien, die große Insel davor, sind weitere absolute Empfehlungen für Strandurlaube.
Was Sie allerdings bedenken sollten: große Abschnitte italienischer Strände werden heute durch Liegen- und Schirmvermieter bewirtschaftet. Ähnliches gibt es auch an der deutschen Nordseeküste, wo man die Strände einzäunt und eine Kurtaxe für den Eintritt verlangt. Die Strandabschnitte in Italien müssen ebenfalls gepflegt und sauber gehalten werden und kosten den Besucher etwas. Die Preise sind an einigen beliebten Strandabschnitten in den letzten Jahren derart in die Höhe gegangen, dass es in Italien öffentliche Empörung darüber gegeben hat (wobei die Preise im Vergleich zu Preisen in Norddeutschland keinesfalls maßlos sind). Es gehört sich nicht, zwischen den Liegen Platz zu nehmen, um die Miete zu sparen. Entweder sucht sich der Strandbesucher einen der wenigen, oft nicht sehr schönen Fleckchen zwischen den Vermietungen, er mietet sich in ein Hotel mit eigenem Strandabschnitt ein, mietet eine Liege oder steigt in sein Auto, um einen abgelegeneren Strand zu finden.
Das beste Mittel für einen gelungenen Strandurlaub in Italien ist ein eigenes Auto, das gilt auch und gerade für Sardinien. Strände in Orts- und Hotelnähe mit einer guten Bahn- und Busanbindung sind natürlich deutlich mehr frequentiert als etwas abgelegene Strände. Wer ein Auto und etwas Entdeckergeist in den Urlaub mitbringt, wird relativ schnell am Urlaubsort seiner Wahl einen Strand finden, der bestens zu ihm passt. Das gilt – diesmal aber wirklich – besonders für die Küsten im Süden Italiens.
Wer in den 60ern, 70ern und 80ern schon Italien bereist hat, dem fiel sofort die unterschiedliche Bade- und Strandkultur der Italiener und Deutschen auf. Buddelnde Kleinfamilie mit Schippe traf auf bestens kulinarisch ausgestatteten Mehrgenerationenhaushalt, nordische Nacktheit auf Einwohner, die zum Umkleiden nicht ein hinternfreies Handtuch wählten, sondern ein Hüttchen am Strandrand bevorzugten. Diese Unterschiede haben sich nivelliert, bestehen aber bis heute rudimentär noch und die deutschen Gäste haben keinen Anspruch auf Dank, wenn sie sich der italienischen Badekultur gegenüber respektvoll zeigen. Das ist selbstverständlich.
Oben ohne ist zwar an vielen Orten nicht ausdrücklich verboten, wird aber nur von einem Geschlecht gerne gesehen. Ohnehin haben Badegäste an italienischen Stränden interessante Anreize bekommen, sich an lokale Vorschriften zu halten: zur Disziplinierung, Verhinderung öffentlicher Ärgernisse und ein bisschen auch zur Aufstockung kommunaler Kassen ist es Stadtvorstehern in Italien erlaubt, eigene Strand- und Straßenvorschriften zu erarbeiten, deren Durchsetzung mit empfindlichen Strafen erfolgt.
Noch etwas sollte bei der Wahl des Urlaubsstrandes in Italien bedacht werden. In Italien gibt es an jedem Wochenende im Sommer eine große Stadtflucht. Viele Familien nutzen die freien Tage, um sich an den Strand zu werfen. Gerade um die Metropolen herum können Strände, die zu Beginn der Woche recht groß wirken, ab Donnerstag sehr eng werden und wer sich beispielsweise in der Nähe von Rom einquartiert hat, um die ewige Stadt aufzusuchen, sollte sich überlegen, in den Tagen das Kulturprogramm zu absolvieren, in denen die Stadt leerer und der Strand voller ist.