Verona – die italienische Oper
Italien ist für Opernfreunde sehr attraktiv. In Mailand steht eine der berühmtesten Opern, in Verona die größte Aufführungsstätte unter freiem Himmel. Der Römer Jacopo Peri, der für die Medici in Florenz komponierte, gilt als Wegbereiter der modernen Oper, die Venezianer haben bei der Weiterentwicklung im 17. Jahrhundert ihren großen Anteil und in Italien wirkten so berühmte Komponisten wie Verdi, Puccini, Bellini und Rossini.
Bis in unsere Zeit reicht der Einfluss der italienischen Oper. Als Luciano Pavarotti mit seinen spanischen Kollegen Plácido Domingo und José Carreras anlässlich der Fußball-WM 1990 in den Caracalla-Thermen von Rom auftrat und die Legende der drei Tenöre begründete, hatten sie das größte musikinteressierte TV-Publikum bis hierhin vor sich und zeigten eindrucksvoll, dass eine Gattung, die nördlich der Alpen vorwiegend ein Vergnügen für Eliten darstellt, eigentlich für eine glückliche, beseelte Masse gemacht ist.
Wer am Gardasee einige Tage verbringt, ist dankbar für einen Tagesausflug ins nahegelegene Verona. Die Altstadt zählt hochverdient zum UNESCO-Weltkulturerbe, in Verona hat William Shakespeare seine Julia und ihren Romeo an ihren Familien verzweifeln lassen und hier kann man einen Balkon besichtigen, am Haus der Julia, der nicht mehr ist als eine wundervolle touristische Finte, die so alt ist, dass sie selbst touristisch wertvoll geworden ist.
Die eigentliche Attraktion ist aber das Amphitheater der alten Römer, eine etwa 2000 Jahre alte Arena, die schon sehr früh aus Gründen der Denkmalpflege erhalten wurde, auch nachdem 1117 ein schweres Erdbeben die Außenmauer zerstörte. Es gab in den vergangenen Jahrhunderten einige Herrscher, denen zu Ehren man die Ränge der Arena mit Veronesen besetzen ließ, um ihnen das nostalgische Gefühl alter, römischer Macht zu geben.
Die Römer dienten lange Zeit als Leitideal. Für Goethe war die Arena in Verona bei seiner Reise das erste relevante Zeugnis römischer Herrschaft, das er besichtigen durfte. Der Dichterfürst war noch ganz auf dem Römerpfad, die für uns heute oft interessantere Renaissancezeit interessierte ihn eher marginal. Der römische Dichter Catull stammt aus Verona und Theoderich der Große, König der Ostgoten, die aus dem Westen kamen, gewann hier eine entscheidende Schlacht.
Dass die Arena von Verona mit ihren 20.000 Plätzen zur größten Opernbühne der Welt wurde, ist Giuseppe Verdis 100. Geburtstag zu verdanken, der hier 1913 sehr gebührend gefeiert wurde. In den Jahrzehnten danach haben die Veronesen ihre eigene sommerliche Opernkultur etabliert, man picknickt vor der Aufführung auf den Rängen, gibt sich dort fast provozierend leger, während unten das klassische Opernpublikum seine Plätze findet.
Um auch bei anbrechender Dunkelheit das Libretto mitlesen zu können, hat man früher Kerzen, heute eher Taschenlampen zwischen Panini und Wein – und wer behauptet, mit Oper nichts anfangen zu können, ohne einmal Verona gekostet zu haben, der sollte sich nicht allzu sicher sein.